12.2021 – Jahreswechsel 2021/22

Hinweis: In der Zeit vom 24.12.2021 bis einschließlich 09.01.2021 bleibt unser Büro geschlossen.

Wir wünschen Ihnen von Herzen fröhliche und erholsame Weihnachtstage und ein erfolgreiches, gutes und vor allem gesundes Jahr 2022! 

Ein Haus für den zweiten Blick.

Meistens bewegen wir uns mit unseren Tätigkeiten in einem organisierten Raum. Man baut Raum, aber seine wesentliche Eigenschaft ist doch eigentliche die Leere. Die eigentliche Tätigkeit des Architekten ist es demnach, Luft zu bauen, beziehungsweise diese durch definierte Flächen zu begrenzen. So entstehen Körper. Körper und Raum sind Gegensätze, die einander bedingen. Raum wird durch seine Leere nutzbar. Dies ist wohl seine entscheidende Qualität. Durch unsere Planung legen wir die Materie fest, die den Raum begrenzen soll. Das Ergebnis ist ein Zusammenwirken von Körper und Raum.

Wie sagte Louis Kahn: „ Architektur ist die gedankenvolle Schaffung von Räumen, die ein Gefühl von Nutzbarkeit vermitteln“. Dabei unterliegen nicht einmal die Grundelemente des Raums dem unmittelbaren Körperkontakt. Die Begrenzungen werden vom Nutzenden wahrgenommen, er berührt im Grunde aber nur was er im Raum bedient: Türgriffe, Lichtschalter und Mobiliar. Lediglich mit dem Fussboden sind wir verhaftet, da wir auf ihm gehen.

An die Materialoberflächen, welche den Raum bilden, sind unterschiedliche Anforderungen gestellt. Die Decke kann gestalterisch bearbeitet sein. Über gegliederte Strukturen und Gestaltungen würde niemand stolpern im Gegensatz zum Fussboden. Der kann nur eben und homogen sein. An Wände sind wiederum andere Kriterien gestellt. Sie sollten stossfest sein, keine Kälte abstrahlen, Wärme speichern und dicht sein aber zugleich auch atmen. Für jede Anforderung an die einzelnen Teile des Ganzen lassen sich Lösungen finden, nur wird aus der Summe aller möglichen Optimierungen nie eine gestalterische Einheit entstehen, im Gegenteil. Die meisten Probleme der räumlichen Gestaltung sind die Folge von optimalen Lösungen.

Es lassen sich für die physikalischen, konstruktiven und haptischen Eigenschaften der einzelnen Materialien, Kriterien und Funktionsbedingungen aufstellen; diese sind im Grunde auch berechenbar. Dies trifft jedoch für die ästhetischen Kriterien nicht zu. Diese folgen nicht per se technischen, bauphysikalischen und funktionalen Bedingungen, ebenso auch die Behaglichkeit der Räume. Für diese beiden Gesichtspunkte haben Funktionalisten sogar Formeln erfunden. Dem Glauben an den Funktionalismus hat sich schon die Moderne verschrieben. Der Glaube, dass schön sei, was allein dem Zweck genügt, dass ein Gegenstand, ein Raum, eine Wohnung, ein Haus, sogar der städtebauliche Raum nicht nur einen Gebrauchsnutzen, sondern auch einen Gestaltungsnutzen besitzt, wurde dabei nicht gesehen. Wer dies nicht sieht, widersetzt sich Allem, was wir von menschlichem Verhalten wissen. Architektur funktioniert eben nur dann, wenn sie auch ästhetischen, gesellschaftlichen und informellen Gesichtspunkten gerecht wird, als Symbol und Bedeutungsträger. Erst wenn sich praktische, technische und gestalterische Bezüge im Raum begegnen, ist ein Raum architektonisch gelöst.

Wir können zwar hoch und niedrig, hell und dunkel, warm und kalt, lang und breit, laut und leise unterscheiden, aber daraus meist keine Schlüsse ziehen, was ästhetisch vorzuziehen wäre. Die Antwort darauf bleibt immer abhängig von der Aufgabe, gesellschaftlichen und auch persönlichen Vorstellungen und Werten, von der Zeit, in der wir leben und eben auch von Gewohnheiten und Material. Eine Entscheidung, wohin wir uns bewegen, bestimmt auch der Ort an dem wir baulich eingreifen, die Landschaft und deren Bedingungen. Der Philosoph Martin Heidegger formulierte diesen Prozess in seiner Schrift „Bauen Wohnen Denken“. Heidegger versteht das Bauen und das damit verbundene Wohnen nicht nur als Tätigkeit, sondern als Seinsweise des Menschen. Heidegger grenzt seinen Raumbegriff klar ab vom rein Mathematischen und Geometrischen. Er bezieht sich auf das „ursprüngliche“ Verhältnis von Mensch und Raum, ein Verhältnis welches eben den Landschaftsraum als Lebensraum des Ganzen sieht.

Bei einem Gebäude, das wir gerade fertigstellen, folgen wir diesem Gedanken. Die Landschaft, der Ort und bekannte traditionelle bauliche Gesichtspunkte spielen bei ihm eine tragende Rolle. Schon den Entwurf sahen wir als ein Teil des Ganzen. Wir dachten immer an ein Haus und einen Raum, welches zwar „in seiner Zeit steht“, aber die Suche nach dem Entstehungsdatum nicht aufwirft. Ein Haus für einen zweiten Blick. Ein Raumgefüge im kulturellen Umfeld des Landschaftlichen. Mit handwerklicher Qualität, vertrauten Materialien, schönen Fügungen und einfachen gut funktionierenden Grundrissen, welche den Raum, in den das Leben dann eintritt, begrenzen. Ein Haus für die Zeit danach. Dies entsteht gerade in der Kulturlandschaft des Allgäus.

Ein Haus für den zweiten Blick.

– Muffler Architekten –