10.2023 – Wettbewerbe Aktuell – Zu Ende gedacht … Tano Muffler
In Ausgabe 10/2023 des Architektur-Magzins Wettbewerbe Aktuell erscheint das Interview „Zu Ende gedacht … Tano Muffler“.
Das Beste an meinem Beruf ist …
… dass neben aller Routine, Systematik und trotz vorausschauender Planung mit jeder Bauaufgabe an einem völlig individuellen Ort ein neues Abenteuer beginnt.
Der wichtigste Rat für meine berufliche Karriere war …
… einer Idee nicht krampfhaft zu folgen. In vielen Punkten, die im ersten Moment nach einer unüberwindbaren Hürde aussehen, liegt oft eine Chance für das Besondere, nach dem wir für jedes Projekt suchen.
Als Glück empfinde ich …
… Gebäude und Räume gestalten zu dürfen, die das Leben der Menschen, welche sie nutzen, bereichern. Natürlich freuen wir uns am Ende eines Projekts über Preise und Veröffentlichungen. Diese zeigen uns, dass das, was wir tun, wahrgenommen wird. Am meisten freut uns aber das ehrliche Lob eines Bauherrn und die Begeisterung über das gemeinsame Werk.
Gar nicht leiden kann ich …
… Skepsis und mangelnde Offenheit gegenüber neuen Ideen und Herangehensweisen. Wenn wir uns als Menschen und als Gesellschaft weiterentwickeln möchten, sollte die Bereitschaft für Risiken, die Übernahme von Verantwortung und die Toleranz zur Abweichung von bewährten Regeln und Normen nicht immer schwerer fallen.
Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass …
… die Politik es schafft, Prozesse pragmatisch zu vereinfachen, um wieder mehr Zeit für das Wesentliche an unserem Beruf zu finden.
Wenn es mal nicht so rund läuft …
… bediene ich mich an der immer gut gefüllten Keksdose in unserer Teeküche.
Zuletzt staunte ich über …
… den von Projekt zu Projekt immer stärker wachsenden Anteil an Kosten der KGR 400. Nachhaltiges Denken sollte auch erlauben, die technische Komplexität von Gebäuden und vor allem einen fast schon ins Unermessliche gestiegenen Komfort-Anspruch zu hinterfragen. Das soll nicht heißen, dass Gebäude ohne Technik auskommen müssen, ihr Einsatz sollte jedoch bewusster gewählt werden.
Was ich witzig finde, ist …
… dass ich diese Fragen beantworte, während ich mit meinen ehemaligen Kommilitonen und mittlerweile guten Freunden auf einer Terrasse in der Toskana sitze und in die Landschaft blicke.
Was ich gar nicht gut kann, ist …
… Multitasking.
Ich gebe mich gerne der Illusion hin, dass …
… die Eigenschaft des Architekten als Generalist zu denken einen Beitrag dazu leisten kann, unsere Lebensräume mit kreativem, bautechnisch einfachem und möglichst sortenreinem Bauen zu bereichern und die Umwelt zu entlasten.
Last but not least:
Sie haben den Wettbewerb Haus der Weimarer Republik (wa-2014621) gewonnen, dessen Realisierung wir in dieser Ausgabe präsentieren: ein Projekt mit einem ausgeprägten städtebaulichen Bezug in einem Denkmalensemble nationalen Ranges mit internationaler Bedeutung. Erzählen Sie uns doch ein bisschen über Ihre Herangehensweise an diese besondere Herausforderung!
Der Beitrag zum Wettbewerb entstand noch während meines Studiums in den Semesterferien in enger Zusammenarbeit mit meinen Eltern im Büro. Das starke Selbstverständnis, mit welchem wir über unsere Gedanken kommunizieren konnten, hat mir schon damals gezeigt, dass der Weg ins elterliche Büro der richtige ist. Die Tatsache, dass der denkmalgeschützte Bestand – Wagenremise in Richtung Theaterplatz und Grundmauern des ehemaligen Zeughauses in Richtung des Künstlergartens – kein bewusst geformtes Ensemble darstellen, sondern historisch gewachsen sind, hat uns früh im Prozess zu einer wichtigen Entscheidung gebracht. Der ergänzende Neubau sollte genau aus diesem Grund die bestehenden Grundmauern nicht einfach aufnehmen und weiterbauen, sondern einen dritten, ebenfalls unabhängigen Beitrag zum Ensemble leisten, ohne die bestehenden Elemente zu überstrahlen. Der Entwurf war der einzige Beitrag im Preisfeld, in welchem sich das zu ergänzende Gebäudevolumen über die Außenkante der denkmalgeschützten Grundmauern hinausschob und diese somit im Inneren des Neubaus bewusst als Zeitzeugen erlebbar werden. Die Transparenz des Sockelgeschosses macht die Grundmauern auch weiterhin von außen wahrnehmbar. Im Gartengeschoss (Ort für Vorträge und Veranstaltungen) verschwimmt dadurch das Innen und Außen. Die Einfachheit des aufgesetzten Museumkörpers in seiner zurückhaltenden Materialität ergab sich für uns fast zwangsläufig, resultierend aus der doch sehr städtebaulichen Entwurfsidee. Für uns stellt der Entwurf einen Spagat zwischen einer selbstbewussten Ergänzung und trotzdem einem sensiblen Umgang mit dem ohnehin schon heterogenen Bestand dar.